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Geburtstag: Die Medizinische Fakultät wird 563

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Die Medizinische Fakultät der Universität Basel ist am 4. April 1460 gegründet worden, zu einer Zeit also, als sich der Kosmos noch um die Erde zu drehen und die menschliche Gesundheit von vier Körpersäften abzuhängen schien. Niemand in Europa wusste von den Amerikas, und die Gesellschaft war an einer senkrechten Achse angeordnet.

Die Darstellung des Gründungsakts im sogenannten Rektoratsmatrikel zeigt, welche gesellschaftlichen Koordinaten in der Welt von damals herrschten: In der Bildmitte vor dem Altar sitzt der Bischof Johann von Venningen als Stellvertreter des Papstes. Er ernennt mit seiner rechten Hand den vorne links knienden Dompropst Georg von Andlau zum Rektor der neu gegründeten Universität Basel und übergibt mit seiner linken dem Abgeordneten des Rats Johann von Flachsland die päpstliche Stiftungsurkunde. Links vom Altar geht es eine angedeutete kirchliche, rechts davon eine ebenso nur angedeutete bürgerliche Ordnung hinab. So stellt das Bild nicht nur die von Gott, Papst und Bischof getragene Universitätsgründung dar, sondern auch eine ebenso strikte wie letztlich steile gesellschaftliche Hierarchie.

Dabei macht das Bild ungewollt aber auch einen inneren Widerspruch deutlich: Wie alle anderen Universitäten so wird auch diejenige Basels in den nachfolgenden Jahrhunderten ihren Beitrag dazu leisten, diese allein auf Gott ausgerichtete gesellschaftliche Ordnung aufzulösen. Mit Gottes Segen wird hier eine Institution gegründet, die beginnt, im sogenannten "Buch der Natur" wie in einer zweiten Bibel zu lesen und dort Dinge zu finden, die mit der katholischen Lehre nicht in Einklang zu bringen waren. So liessen sich frühe Anatomen wie Andreas Vesalius nicht mehr davon abhalten, Sektionen durchzuführen und sich einen eigenen Einblick in den menschlichen Körper zu verschaffen. Infolge dieser Neugier wurde die Vorstellung von Krankheiten als christlich-moralische Entitäten durch die Bestimmung konkreter Ursachen entkräftet, und diese Kenntnisse wiederum wurden in Massnahmen zu ihrer Bekämpfung, Linderung oder Vermeidung übersetzt.

So und auf tausend anderen Wegen wurden die Universitäten, unter ihnen diejenige Basels, zu treibenden Kräften eines völlig neuen Weltbildes, in dem auch gesellschaftliche Ordnungen von Grund auf neu ausgehandelt wurden. So gesehen zeigt die dem Rektoratsmatrikel vorangestellte Darstellung nicht nur die Übergabe der päpstlichen Stiftungsurkunde, sondern, unbeabsichtigt, auch die Übergabe der Deutungshoheit über die irdische Welt in die Hände der eigenen Anschauung, Erkundung und Beurteilung.

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