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Vom Erinnern und Handeln

MedF

Kultur, Zivilisation, Demokratie, Gerechtigkeit, dies sind fragile Güter, die täglich aktiv geschützt werden müssen. Ihre langjährige Gegenwart darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass ganze Gesellschaften gleichsam umkippen und die dunkelsten Triebe freisetzen können. Ivan Lefkovits hat in der Lehrveranstaltung Ärzte und Juristen im Nationalsozialismus im Rahmen des Curriculums Medical Humanities aus eigener Erfahrung davon berichtet.

Als Jude verfolgt, wurde er einem Heim für taubstumme Kinder in Budapest vor den Nazis versteckt. Um nicht aufzufliegen, durfte er sich seine Angst bei Bombenalarm nicht anmerken lassen. Monate später wurde er von den Nazis festgenommen und mit seiner Mutter in einem Viehtransporter nach Ravensbrück deportiert. Im dortigen Lager habe man die Toten noch beim Namen gekannt, so Lefkovits, anders als im Konzentrationslager Bergen-Belsen, in das er mit seiner Mutter schliesslich gebracht wurde.

Dort erfuhr der damals Achtjährige, dass die völlige Enthemmung der Unmenschlichkeit in Nazideutschland bereits zu einer bürokratischen Normalität geworden war. Brutalität und Leid waren unfassbar. Als die Engländer 1945 dem Lager näherkamen, sprengten die flüchtenden Deutschen die Wasserleitungen und überliessen tausende Insassen dem Tod durch Verdursten. Lefkovits und seine Mutter überlebten knapp.  

Lefkovits sagt, er würde lieber nicht über sein Erlebnisse sprechen, er verstehe aber, dass er es tun müsse, weil so viele Millionen es nicht könnten. Die Medizinische Fakultät der Universität Basel schätzt sich sehr glücklich, dass Ivan Lefkovits am 7. März ihrer Einladung gefolgt ist und Studierenden der Studiengänge Humanmedizin und Ius über seine schrecklichen Erlebnisse Auskunft gegeben hat. Er hat den Studierenden geholfen zu verstehen, dass Kultur, Zivilisation, Demokratie, Gerechtigkeit fragile Güter sind, die täglich aktiv geschützt werden müssen.

In dieser, in Zusammenarbeit mit der Gamaraal Foundation duchgeführten, Veranstaltung und weiteren Sitzungen des interprofessionellen Lehrformats nähern sich die Studierenden der beiden Disziplinen der Frage an, wie es passieren konnte, dass ein grosser Teil der Ärzteschaft wie auch der Juristen moralisch versagt und ihren Teil zum millionenfachen Mord an Juden, Menschen mit Behinderungen und weiteren Bevölkerungsgruppen beigetragen haben – und: was können angehende Ärzte und Juristen für die Gegenwart daraus lernen?

Leitung der Lehrveranstaltung:

  • Prof. em. Alexander Kiss (USB Psychosomatik);
  • Prof. Bijan Fateh-Moghadam (Juristische Fakultät Uni Basel)
  • Kontakt: michael.wilde@unibas.ch

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